ChatGPT & KI im Unterricht

Wie können wir sicherstellen, dass Schüler*innen KI-Werkzeuge lernförderlich sowie reflektiert nutzen?
Wie kann KI sinnvoll in Projektarbeiten integriert werden?
Welche Möglichkeiten gibt es, KI zum individuellen Üben einzusetzen?

KI im Unterricht

  • Kompetenzförderung durch präzise Prompt-Formulierung und die fachliche Analyse der Antwort.
  • Selbstständiges und schülerzentriertes Lernen durch projektorientierten Unterricht mit KI-Tools.
  • KI sollte sowohl Lern- als auch Prüfungsgegenstand sein.
  • Neben Chancen sollten im Unterricht ethische Aspekte im Umgang mit KI thematisiert werden.

Artikel zur Blogparade
#kAIneEntwertung


  • 1/4: Einleitung & Unterricht, der innerlich berührt!

    Einleitung


    In der Blogparade #kAIneEntwertung von Anika Limburg und Joscha Falck gefällt mir das Fazit von Bob Blume in seinem Beitrag „Wie lernen berühren kann“ besonders gut: 


    "KI entwertet nicht das Lernen selbst. Sie entwertet ein Verständnis von Lernen, das ohnehin schon hohl war: das reine Abprüfen von Ergebnissen. Die eigentliche Herausforderung ist, Lernen wieder relevant zu machen – und Relevanz entsteht dort, wo Lernen berührt." [1]


    Gerne möchte ich im Rahmen der Blogparade mit einem eigenen Beitrag die Gedanken weiterführen und auf meinen Unterricht beziehen.



    Unterricht, der innerlich berührt


    Damit sich Schülerinnen und Schüler weiterentwickeln und dauerhaft lernen können, sollten sie fachliche Inhalte nicht nur verstehen, sondern eine Beziehung zu ihnen aufbauen. Nach dem Philosophen Hartmut Rosa muss Unterricht eine sogenannte „Resonanzerfahrungen” ermöglichen. In seiner Deutung bezieht sich der physikalische Begriff „Resonanz“ auf menschliche Erfahrungen: Wir werden von etwas angesprochen – von einem Menschen oder einem Inhalt – und beginnen, emotional „mitzuschwingen“.


    Die Verknüpfung des Begriffs der Resonanz mit dem Unterricht beschreibt Fabian Grolimund in seinem Artikel "Warum die Schule mehr Raum für Resonanz braucht" treffend:


    Wenn ein Kind beim Lesen eines Gedichts oder einer Geschichte bewegt wird, wenn es im Matheunterricht plötzlich einen Zusammenhang wirklich versteht und dabei ein Staunen verspürt, wenn es sich beim Erforschen eines Themas selbst Fragen stellt – dann tritt es in Beziehung zur Sache. Es ist berührt, antwortet innerlich, denkt weiter, verändert sich vielleicht ein Stück weit. In diesen Momenten verwandelt die Begegnung mit dem Stoff nicht nur das Wissen des Kindes, sondern auch das Kind selbst. Während also Kompetenz das Ziel hat, etwas sicher zu beherrschen, zielt Resonanz ab auf eine lebendige, persönliche Beziehung zur Welt. Eine gute Schule sollte beides ermöglichen: Kompetenzen vermitteln – und Räume schaffen, in denen Resonanz entstehen kann.“ [2].


    Um das Lernen somit bedeutsam und nachhaltig zu gestalten, sollten Aufgaben im Unterricht „innerlich berühren“. Dafür sind Fragen erforderlich, die Schülerinnen und Schüler dazu anregen, sich intrinsisch motiviert mit Inhalten auseinanderzusetzen, Herausforderungen zu meistern und sich aktiv in den Lernprozess einzubringen. 


    Vor diesem Hintergrund müssen im Klassenzimmer Lernerlebnisse geschaffen werden, die bei den Schülerinnen und Schülern Erstaunen, Begeisterung, Widerstand oder Überraschung auslösen und sie emotional in die Fragestellung involvieren. Dies darf nicht nur im Rahmen eines kurzzeitig motivierenden Unterrichtseinstiegs oder eines verblüffenden Experiments geschehen, sondern sollte Bestandteil eines länger anhaltenden Lernszenarios sein.


    Der zentrale Schlüssel zum Erfolg solcher „Flow-Momente“ ist und bleibt die Lehrkraft. Gefragt sind Lehrerinnen und Lehrer, die für ihr Fach „brennen“ und überzeugt sind, dass die im Unterricht vermittelten Themen für die Schülerinnen und Schüler relevant sind. Dabei müssen Lehrkräfte aber gut aufpassen, dass sie selbst nicht dabei „ausbrennen“.


    Als MINT-Lehrer habe ich selbst mehrfach erlebt, wie Schülerinnen und Schüler nach der Notenvergabe ihre über Wochen gefertigte Projektarbeit vor meinen Augen im Papierkorb versenkt haben. Ich habe Beschwerde-Mails von Eltern erhalten, die ein Ende solcher Projekte verlangten und sogar bei der Schulleitung den bewährten Standardunterricht vehement einforderten. Ich habe Kollegen erlebt, die auf die Einhaltung der zahlreichen inhaltsbezogenen Ziele des Lehrplans bestanden und meine Ansätze als Zeitverschwendung lächerlich machten.


  • 2/4: Projektarbeiten & intrinsische Motivation

    Projektarbeiten – ein Schlüssel zum Erfolg?


    Ist es mir als MINT-Lehrer in der letzten Zeit im Unterricht überhaupt gelungen Schülerinnen und Schüler „innerlich zu berühren“, in „Resonanz“ zu bringen und dabei einen „Flow“ auszulösen? 


    Ich gebe zu, dass mir das im regulären MINT-Unterricht äußerst selten gelingt. Prädestiniert hierfür sind Experimente, die eine bestehende Erwartung widerlegen. Sobald jedoch die naturwissenschaftliche Erklärung folgt, ist es mit der „inneren Berührtheit” wieder schnell vorbei.


    Im Rahmen von Projektarbeiten gelingt es mir dagegen immer häufiger "Resonanz" zu erzeugen. Beispiele aus dem letzten Schuljahr, bei denen ich bei vielen Schülerinnen und Schülern eine hohe intrinsische Motivation beobachten konnte und einige sogar ein „Flow-Erlebnis” hatten, sind die folgenden MINT-Projekte:  



    Warum ist es mir gerade bei diesen Projekten gelungen, viele Schülerinnen und Schüler – natürlich nicht alle – zu motivieren und „innerlich“ zu berühren? Dazu habe ich zwei Dinge beachtet: Zum einen die Förderung der intrinsischen Motivation und zum anderen Aufgabenstellungen, die trotz der Allgegenwart von KI das eigenständige, kritische und strukturierte Denken fördern und nicht ersetzen.



    Förderung der intrinsischen Motivation


    Zunächst habe ich in allen Projekten die drei von Deci und Ryan benannten Grundbedürfnisse zur Förderung der intrinsischen Motivation konsequent beachtet:


    • Bedürfnis nach Autonomie: Die Lernenden sollten die Freiheit haben, eigene Entscheidungen zu treffen und ihre Lernprozesse selbst zu steuern. Aus diesem Grund fanden alle Projekte über mehrere Wochen hinweg in Freiarbeit statt. Je nach Interesse konnten die Lernenden das Thema selbst wählen (Induktion), eigene Ideen umsetzen (Eisenbahn),  ihre eigene Sportart analysieren (Parabeln) und den Projektpartner selbst wählen.

    • Bedürfnis nach Kompetenzerleben:  Die Lernenden sollten das Gefühl haben, dass sie über die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, um ihre Lernaufgaben aus eigener Kraft erfolgreich zu bewältigen. Die Aufgaben dürfen dabei weder über- noch unterfordern. Deshalb wurden die fachlichen Grundlagen für alle drei Projekte bereits im Vorfeld im Unterricht behandelt. Beim Parabel-Projekt standen den Lernenden als zusätzliche Hilfestellung verschiedene Erklärvideos zur Verfügung. Während der gesamten Projektlaufzeit war ich als Lernberater ohne Notenkeule verfügbar. Selbst ich als Lehrer wusste zu Beginn der Projekte (Eisenbahn, Induktion) nicht, was am Ende genau herauskommen würde, und machte dies den Lernenden auch transparent. So lernten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit mir als Lehrer, sich bisher unbekannten naturwissenschaftlichen Herausforderungen zu stellen und "echte" Lösungsansätze zu erarbeiten.

    • Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit: Die Lernenden sollten sich in einer unterstützenden Gemeinschaft wertgeschätzt und verbunden fühlen. Deshalb wurden alle Projektarbeiten in Partnerarbeit durchgeführt. Durch die Weitergabe von selbst erarbeitetem Wissen und durch Peer-Feedback unterstützten sich die Gruppen gegenseitig. Bei den Physik-Projekten lernten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit dem Lehrer, sich bisher unbekannten naturwissenschaftlichen Herausforderungen zu stellen und Lösungen zu erarbeiten.

    Der Zusammenhang zwischen intrinsischer Motivation und der Vermeidung von Lernanstrengungen aufgrund von KI wird von Michael Klitsch in seinem Artikel "Wie lernen Kinder das Lernen aus sich heraus?" trefflich beschrieben:  


    Eine Schule, die ihr Handeln konsequent an der Befriedigung der psychologischen Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenzerleben und sozialer Eingebundenheit ausrichtet, kann es schaffen, auch in Zeiten verführerischer KI-Tools das volle Lernpotenzial ihrer Schülerinnen und Schüler freizusetzen.“ [3].


  • 3/4: Sinnvolle Aufgaben & echte Eigenleistung trotz KI

    Wenn die KI schon alles kann: Sinnvolle Aufgaben


    Die drei erläuterten Prinzipien könnten sehr schnell zunichte gemacht werden, wenn die Lösung zur Aufgabenstellung durch ChatGPT sofort verfügbar wäre. 


    Geschlossene Aufgaben für projektartige Arbeitsaufträge sind schon lange nicht mehr sinnvoll. Das einzig richtige Ergebnis wäre durch eine Internet-Recherche oder ChatGPT sofort verfügbar. Es müsste nur noch von den Lernenden abgeschrieben werden.

     

    In den letzten Jahren haben sich im MINT-Unterricht deshalb vor allem offene Aufgaben bewährt, bei denen es zahlreiche richtige Ergebnisse gibt. Der Lösungsweg muss daher schrittweise dargestellt und logisch begründet werden. 


    Doch seit dem Aufkommen neuer KI-Reasoning-Modelle im Januar 2025 können selbst komplexe naturwissenschaftliche Probleme in Sekundenschnelle gelöst und die logisch begründeten Denk- und Rechenschritte aufgezeigt werden. Auch hier müsste die Herleitung nur noch von den Lernenden abgeschrieben werden. Viele der Projektformate mit offenen Aufgaben, die ich in den letzten Jahren im MINT-Unterricht eingesetzt habe, funktionieren so nicht mehr.


    Aufgrund immer leistungsfähigerer KI-Systeme wird es für Lehrkräfte somit zunehmend schwieriger, entsprechend motivierende Aufgabenstellungen zu identifizieren, die in der Mensch-Maschine-Kollaboration genügend Raum für menschliche Leistungsvielfalt, Kreativität und Lernerlebnisse bieten.



    Echte Eigenleistung trotz KI


    Ohne eine aktive Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand bleiben Identifizierung und „inneres Berührtsein“ aus. Damit KI-Tools Lernprozesse bereichern und nicht ersetzen, müssen die entsprechenden Aufgaben so gestaltet sein, dass sie echte Eigenleistung erfordern. 

    Für den ko-kreativen Einsatz von KI in meinen Projektarbeiten wurden die folgenden sechs Prinzipien konsequent beachtet. Diese müssen nicht alle gleichzeitig in einem Projekt umgesetzt werden, aber je mehr Prinzipien berücksichtigt werden, desto höher ist der echte Lernzuwachs. 


    • Handlungsorientierung: Die Projekte waren so gestaltet, dass die Lernenden aktiv einbezogen wurden. Das bedeutet, dass sie selbst etwas konstruieren, messen oder gestalten müssen. Durch aktives Tun wird das Lernen greifbarer und nachhaltiger, da die Lernenden die Möglichkeit haben, Wissen durch eigene Erfahrungen zu verinnerlichen. 

    • Kontextorientierung: Um das Lernen relevanter und motivierender zu gestalten, hatten alle Projekte einen direkten Bezug zum Alltag. Dies wurde durch die Verwendung eigener Fotos und Videos, oder durch das Sammeln von Messdaten erreicht. Da personalisierte und kontextualisierte Projekte keine durch KI generierten, vorgefertigten Lösungen bieten, werden kreatives Denken und individuelle Ansätze zur Problemlösung gefördert.

    • Regionale Bezüge: Wenn sich Lernende mit lokalen Themen (zum Beispiel Fahrradzählstationen), geografischen Besonderheiten (wie Brücken mit Parabelbögen) oder regionalen Merkmalen auseinandersetzen, wird das Lernen relevanter und an ihre Umgebung angepasst. Für diese Themen ist oft spezielles Wissen und Kontextverständnis erforderlich, auf das KI nur schwer zugreifen kann.

    • Wechsel der Ausdrucksform: Um die Ausdrucksfähigkeit und Kreativität der Schülerinnen und Schüler zu fördern, mussten in allen Projekten alternative Lernprodukte entworfen werden, die über traditionelle schriftliche Ausarbeitungen hinausgehen. Multimodale Formate wie Erklärvideos, E-Books oder Instagram-Storys bieten die Möglichkeit, Ideen und Erkenntnisse auf vielfältige Weise darzustellen. Sie ermöglichen individuelle Gestaltungsspielräume und fördern die Entwicklung digitaler und kreativer Kompetenzen.

    • Persönliche Auseinandersetzung: Die Lernenden sollten ermutigt werden, ihre eigenen Erfahrungen und Perspektiven in den Lernprozess einzubringen und die Situation zu bewerten. Sie sollten zum Thema Positionen entwickeln – begründet, wertorientiert und überzeugend. 

    • Reflexion und KI-Dokumentation: Die Projektplanung, die Zwischenergebnisse und die Entscheidungen sollen systematisch festgehalten und der Einsatz von KI kritisch reflektiert werden. Hierzu bieten die vier Fragestellungen der Blogparade von Manuel Flick eine gute Orientierung:  "1. Welche KI-Tools wurden für welchen Zweck genutzt? 2. Wie wurden KI-Outputs überprüft und eingeordnet?3. Welche Prompt-Iterationen wurden aus welchen Gründen vollzogen? 4. Welche Entscheidungen wurden im Zuge der Ko-Aktivität getroffen und welche Gedanken wurden verworfen?" [4].

  • 4/4: Fazit, Veranstaltung & Literatur

    Mein Fazit


    Die eigentliche Herausforderung im Zeitalter der künstlichen Intelligenz besteht darin, das eigene Lernen wieder relevant zu machen. Ein Ansatz hierfür sind Projektarbeiten, die emotional berühren, intrinsisch motivieren und trotz KI Raum für echte Eigenleistung lassen. Werden diese Prinzipien beachtet, stellt KI keine Entwertung, sondern eine Bereicherung für die menschliche Leistung dar.



    Diskussions-Veranstaltung zum Thema


    Wir können mehr als KI !“ Diskussionsabend über Chancen und Grenzen von KI im Unterricht und dem Weg der Freiburger Forschungsräume. Mit Patrick Bronner (Gymnasiallehrer) und Philipp Gottwald (Waldpädagoge). Donnerstag, 23.10.2025, 19:30 Uhr, Friedrich-Gymnasium Freiburg. 



    Literatur


    [1] Blume, Bob: „Wie lernen berühren kann“, Blogbeitrag, 21.09.2025.

    https://bobblume.de/2025/09/21/kaineentwertung-wie-lernen-beruehren-kann


    [2] Grolimund, Fabian: „Warum die Schule mehr Resonanz braucht“, Kolumne im Schweizer Elternmagazin, Ausgabe 09-2025. 

    https://www.fritzundfraenzi.ch/warum-die-schule-mehr-raum-fuer-resonanz-braucht


    [3] Klitzsch, Matthias: „Intrinsische Motivation in der Schule: Wie lernen Kinder das Lernen aus sich heraus?“, Artikel in „Campus Schulmanagement“, 18.08.2025.

    https://www.campus-schulmanagement.de/magazin/intrinsische-motivation-in-der-schule-wie-lernen-kinder-das-lernen-aus-sich-heraus-michael-klitzsch


    [4] Flick, Manuel: "Menschliche Leistung im Kontext von KI", Blog-Artikel, 22.09.2025.

    https://www.manuelflick.de/blog/menschliche-leistung-im-kontext-von-ki


      


Grundlagen:
KI-Tools im Unterricht

  • Text-KI-Tools

    Im Fach Physik bietet sich die Möglichkeit, die Newtonschen Axiome zu erarbeiten, indem die Schüler*innen über den KI-Chat in einen virtuellen Dialog mit Sir Isaac Newton treten. Diese interaktive Methode ermöglicht es den Lernenden, die Grundlagen der klassischen Mechanik aus „erster Hand“ zu erfahren und sich das Thema individuell auf verschiedenen Niveaus erklären zu lassen. 


    Im Fach Gemeinschaftskunde können die Schüler*innen eine von ChatGPT erstellte politische Analyse untersuchen und deren Faktengehalt kritisch hinterfragen. Diese Übung fördert nicht nur das Verständnis für politische Zusammenhänge, sondern auch die Fähigkeit, Informationen auf ihre Richtigkeit und Relevanz zu überprüfen.


    Im Religionsunterricht können anhand eines kontroversen Themas die Grenzen der Urteilsfähigkeit verschiedener Sprachmodelle ausgelotet werden. Diese Herangehensweise ermöglicht es den Schüler*innen, die ethischen und philosophischen Implikationen von KI-gestützten Aussagen zu diskutieren und zu reflektieren.


    Im Mathematikunterricht können mathematische Herleitungen, die von ChatGPT formuliert wurden, bewertet werden. Diese Aktivität hilft den Schüler*innen, ihre mathematischen Kenntnisse zu vertiefen und gleichzeitig die Fähigkeiten der KI zu testen.


    Die Tatsache, dass die Antworten von ChatGPT noch nicht perfekt sind, ist für das Lernen sehr hilfreich. Allerdings benötigen die Schüler*innen zur Bewertung der Antworten der Text-KI ein solides Fachwissen und gleichzeitig ein gutes Textverständnis.


    Neben der Analyse der Antworten sollte auch die präzise Erstellung von Prompts im Unterricht behandelt werden. Präzise und detaillierte Prompts führen zu angemesseneren und genaueren ChatGPT-Antworten. Die Lernenden können experimentieren, indem sie einen gut funktionierenden Prompt schrittweise verschlechtern, bis ChatGPT zu halluzinieren beginnt und inhaltliche Fehler in der Antwort auftreten. 


    Dabei ist es sinnvoll, dass die Lehrkraft den Lernenden nicht das neueste Sprachmodell wie z.B. ChatGPT 4o zur Verfügung stellt, sondern eine ältere und inhaltlich fehleranfälligere Version wie z.B. ChatGPT 3.5 über das digitale Klassenzimmer zuweist. Bei der älteren Version kommt es bei unklaren oder fehlerhaften Prompts häufiger zu Halluzinationen, die dann von den Lernenden als Fehlerquelle erkannt und im Zusammenhang mit dem Prompt analysiert werden müssen.

  • Bild-KI-Tools

    Bei der Erstellung von Grafiken mit Hilfe einer Bild-KI, wie z.B. bei der Visualisierung eines „nerdigen“ Mathematiklehrers einer 7. Klasse, spielt die präzise und detaillierte Eingabe des Bild-Prompts in Programme zur Bilderzeugung wie z.B. „Dall-E 3“ oder „Stable Diffusion XL“ eine entscheidende Rolle, ähnlich wie bei der Verwendung von ChatGPT. 


    Um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen, müssen die Lernenden zunächst eine klare Vorstellung von dem gewünschten Bild entwickeln. Diese mentale Vorstellung muss dann der Bild-KI so detailliert wie möglich beschrieben werden, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.


    Ein wesentlicher Vorteil der KI-gestützten Bilderstellung ist, dass die erzeugten Bilder in der Regel keine Urheberrechtsprobleme aufwerfen, was den kreativen Spielraum erweitert und die Verwendung der Bilder in unterschiedlichen Kontexten erleichtert. 


    Dennoch ist es wichtig, im Unterricht neben den Chancen auch die Risiken und ethischen Implikationen der KI-gestützten Bildproduktion zu thematisieren. Dazu gehört eine kritische Auseinandersetzung mit der Reproduktion von Stereotypen, die durch KI ungewollt verstärkt werden können, mit der Problematik der Erstellung von Fake-Bildern, die zur Verbreitung von Fehlinformationen genutzt werden können, und mit der Emotions- und Gesichtserkennung durch KI.


    Die ethischen Herausforderungen in Bezug auf KI-generierte oder analysierte Bilder können im Unterricht anhand des des Fake-Bild-Test des Magazins SPIEGEL (https://bit.ly/3OhFWJ1), der Stereotypen-Übersicht „How AI reduces the world to stereotypes“ (https://bit.ly/3UUVCFo) oder der KI-Bilderkennung „They see your photos“ (https://bit.ly/4j1N8X3) thematisiert werden.


    Um die Schülerinnen in die Lage zu versetzen, detaillierte und effektive Bild-Prompts zu erstellen, kann der Unterricht darauf abzielen, die Lernenden in der Kombination verschiedener KI-Tools zu schulen. Ein möglicher Ansatz besteht darin, zunächst mit ChatGPT zu interagieren, um einen geeigneten und detaillierten Bild-Prompt zu entwickeln. Durch diesen dialogischen Prozess mit der Text-KI können die Schülerinnen lernen, ihre Ideen klar und präzise in Worte zu fassen und diese in einen effektiven Bild-Prompt umzuwandeln. Dieser Prompt wird schließlich in die Bild-KI eingegeben und anhand der generierten Bilder verbessert. 


    Im Sinne der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes sollte auch thematisiert werden, dass vor allem die Bild-KI durch die benötigte Rechenleistung sehr viel CO2 produziert.

  • KI-Tools in der Klassenarbeit

    Wenn künstliche Intelligenz als Lerninhalt im Unterricht behandelt wird, ist es wichtig, dass sie auch Teil der Prüfungen ist. Andernfalls besteht die Gefahr, dass viele Schüler*innen die Thematik nicht ernst nehmen. Die Integration von KI in Prüfungen kann dazu beitragen, das Bewusstsein für die Relevanz und die Anwendungen dieser Technologie zu schärfen.


    Im Mathematikunterricht der 7. Klasse wurde ein ChatGPT-Dialog mit einem ungenauen Prompt und einer daraus resultierenden unklaren Antwort in die Klassenarbeit integriert. Der  Prompt lautete: „Bitte gib mir eine schrittweise Anleitung, wie ich den Innkreis [Schreibfehler: Inkreis] konstruieren kann [fehlende Angabe: in welcher geometrischen Figur]“. Zunächst sollten die Schülerinnen und Schüler die ungenaue Aufgabenstellung korrigieren. Anschließend sollten die richtigen und falschen Schritte in der von ChatGPT generierten Antwort mit grünen und roten Markern markiert werden. Schließlich mussten die Lernenden die falschen Antworten von ChatGPT handschriftlich korrigieren. 


    Eine solche Lern- und Prüfungsaufgabe fördert nicht nur das Verständnis für präzise Kommunikation, sondern auch die Fähigkeit zur kritischen Analyse von KI-generierten Inhalten.


    In Klassen, die mit Tablets ausgestattet sind, können die Schülerinnen direkt während der Prüfung mit ChatGPT interagieren. Im Physikunterricht sollten die Schülerinnen und Schüler ein Mega-Prompt zu einer bestimmten Frage formulieren. Die daraus resultierende ChatGPT-Antwort von 100 Wörtern sollte dann mit dem Tablet-Stift genau analysiert und digital korrigiert werden.


KI-Tools für Projekte

  • Neue Lernkultur: Projekte mit KI-Unterstützung

    Das langfristige Ziel für einen zeitgemäßen Unterricht, der digitale Medien und Werkzeuge der künstlichen Intelligenz einbezieht, sollte ein grundlegender Wandel der Lernkultur sein. Der Wandel sollte von einem lehrerzentrierten, behavioristischen Ansatz hin zu einem schülerzentrierten, konstruktivistischen Lernverständnis erfolgen. In einem solchen Umfeld steht nicht mehr die reine Wissensvermittlung im Vordergrund, sondern die aktive Beteiligung der Schülerinnen und Schüler am Lernprozess. 


    Durch die Kombination einer guten IT-Ausstattung, wie z.B. die Bereitstellung von 1:1 Schülertablets, mit einem konstruktivistischen Ansatz können völlig neue Lernszenarien im Unterricht entwickelt werden. Diese Szenarien fördern das eigenständige Entdecken und Erforschen von Wissen unter Einbeziehung digitaler Werkzeuge und KI-Technologien. 


    Ein Zugang zu solchen schülerzentrierten Lernszenarien ist die Verknüpfung von KI-Tools mit offenen, forschenden, experimentellen und projektartigen Arbeitsaufträgen. Mit einer offen formulierten Aufgabenstellung, z.B. im Rahmen einer Projektarbeit, werden die Schülerinnen und Schüler zu Produzenten ihres eigenen Wissens. Digitale Medien können dabei Lernprozesse durch den schnellen Zugriff auf Informationen und die einfache Erstellung multimedialer Produkte unterstützen. Im Rahmen der Projektmethode erfahren die Lernenden ein hohes Maß an Handlungsorientierung, Selbstwirksamkeit, sozialer Eingebundenheit und Autonomie. 


    Die Verbindung von digitalen Medien mit offenen und forschenden Aufgabenstellungen leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur (Selbst-) Differenzierung und fördert prozessbezogene Kompetenzen.

  • Drei Beispiele: Projektarbeiten mit KI-Unterstützung

    Im Folgenden werden drei Projektbeispiele aus den Fächern Physik und Mathematik vorgestellt, in denen KI-Werkzeuge kokreativ eingesetzt werden konnten. Insbesondere das zweite Projekt „Learning-Snack“ ist auf alle anderen Fächer übertragbar.



    1. Projekt-Beispiel: Lichterketten & Klimaschutz


    Auslöser für die Projektarbeit "Lichterketten und Klimaschutz" im Physikunterricht der 9. Klassenstufe war ein Werbeplakat in einem Baumarkt in der Nähe der Schule mit der Aussage "Der Betrieb unserer Lichterketten kostet weniger als eine Tasse Kaffee im Monat!“ Dem gegenüber stand die mediale Forderung der Deutschen Umwelthilfe, aus Klimaschutzgründen auf Weihnachtsbeleuchtung zu verzichten.


    Beide Positionen sollten von den Schülerinnen und Schülern der 9. Klasse in Partnerarbeit selbstständig nachvollzogen und miteinander verglichen werden. Dazu arbeiteten die Lernenden vier Wochen lang in Freiarbeit sowohl im Unterricht als auch zu Hause. Als abschließendes Lernprodukt sollte ein Erklärvideo erstellt werden, in dem den zunächst widersprüchlichen Aussagen mit wissenschaftlichen Methoden auf den Grund gegangen wird. Dabei musste auf die korrekte Angabe von Messwerten, Formeln und Energiekosten sowie auf das Copyright der verwendeten Bilder geachtet werden. 


    Für die Erstellung des Lernproduktes, in diesem Fall ein Erklärvideo, konnten die Schülerinnen und Schüler während des gesamten Projektes auf ChatGPT 4.o und den Bildgenerator Dall-E zurückgreifen. Viele Gruppen nutzten vor allem ChatGPT zu Beginn sehr intensiv, stellten aber schnell fest, dass Inhalt und Umfang der Antworten oft nicht dem gewünschten Ziel entsprachen. Daher erschien der Einsatz erst gegen Ende des Projekts sinnvoll, vor allem um Bilder zur Visualisierung des Erklärvideos zu erstellen und den Moderationstext zu verbessern. 


    Der Projektbericht mit den Ergebnissen der Schülerinnen ist unter folgendem Link abrufbar: https://bit.ly/3tjfgjn. Die Aufgabenstellung für das Projekt wurde bewusst völlig ergebnisoffen gestaltet, so dass es nicht nur eine richtige Lösung gibt. Dieser Ansatz unterscheidet sich deutlich von den typischen geschlossenen Aufgabenstellungen, die bisher den MINT-Unterricht dominieren. Im Zeitalter der künstlichen Intelligenz machen geschlossenen Aufgabenstellungen für ein Referat, eine GFS oder ein Erklärvideo keinen Sinn mehr. Das eine richtige Ergebnis wäre durch die Antwort von ChatGPT sofort verfügbar und müsste von den Lernenden ohne eigene Denkleistung nur noch abgeschrieben werden.



    2. Projekt-Beispiel: Übungsaufgaben zu den binomischen Formeln


    In der 8. Klasse wurden im Rahmen einer Übungsphase im Mathematikunterricht von den Schülerinnen und Schülern Apps im Chat-Format (Learning-Snack) entwickelt. Die Aufgabe für die Partnergruppen bestand zunächst darin, sechs Mathematikaufgaben zum Algorithmus der binomischen Formeln mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad zu entwerfen und eine vollständige Musterlösung zu berechnen. 


    Eigentlich hätte das Projekt mit dem Erstellen und Lösen der Aufgaben beendet sein können: Die Schülerinnen und Schüler haben genug Mathematik gemacht. Aber wozu - was hätte es gebracht, einfach sechs Aufgaben zu erfinden? Die sechs Aufgaben sollten schließlich in einen motivierend gestalteten Learning-Snack eingebettet werden.

    Während der Projektlaufzeit standen den Schülerinnen und Schüler drei KI-Tools zur Verfügung: PhotoMath zur Überprüfung der selbst erstellten Aufgaben, ChatGPT zur Inspiration für eine motivierende Chat-Geschichte und Bild-KI zur Visualisierung des Chat-Verlaufs. 


    Die mathematische Kompetenz im Projekt basierte „nur“ auf dem Erfinden, Lösen und Korrigieren von Aufgaben unter Verwendung der Algorithmen der binomischen Formeln. Die Erstellung der „Skinner-App“ Learning-Snack, die von Medienpädagogen u.a. wegen der geschlossenen Aufgabenformate häufig kritisiert wird, erfolgte aus rein motivationalen Gründen. Auch die Einbettung in eine teilweise an ChatGPT angelehnte Geschichte sowie die Visualisierung mit Bildern und einem Werbeposter für den Schulflur dienten weniger dem mathematischen Verständnis als vielmehr der fächerübergreifenden Förderung von Kreativität, Teamarbeit, Motivation, Kommunikation, dem Umgang mit dem gerade erst eingeführten 1:1-Tablet sowie dem Lernen mit und über künstliche Intelligenz. 


    Der Projektbericht mit den Ergebnissen der Schülerinnen steht unter folgendem Link zur Verfügung: https://bit.ly/3VuJUB4. Die Aufgabenstellung ist an jedes Fach anpassbar und in vielen Klassenstufen durchführbar.



    3 . Projekt-Beispiel: Die Sektglas-Musik-Eisenbahn


    Im Physik-Leistungskurs der 12. Klasse sollten die Schülerinnen und Schüler mit einer vorhandenen Spielzeugeisenbahn Weihnachtslieder erklingen lassen, indem der Zug unterschiedlich gefüllte Sektgläser anschlägt. Das Schülerprojekt war eingebettet in die Unterrichtseinheit „Schwingungen und Wellen“. Im Vorfeld wurden Phänomene wie das Schweben zweier Töne, die Dämpfung eines Tones und stehende Wellen an einer Gitarrensaite und in einer Orgelpfeife behandelt.


    Im Projekt mussten die Gruppen zunächst Sektglas-Kalibrierkurven für den Zusammenhang zwischen Füllhöhe und Tonhöhe ermitteln und damit die Tonverhältnisse bestimmen. Es stellte sich jedoch heraus, dass sich baugleiche Sektgläser klanglich deutlich unterschieden und die Eichkurve daher nur eine Näherung darstellte. Um die Glasabstände für Halbe, Viertel- und Achtelnoten zu bestimmen, musste die Geschwindigkeit der Modelleisenbahn durch Videoanalyse ermittelt werden. Dabei zeigte sich, dass der Zug aufgrund des elektrischen Widerstandes in den Schienen keine konstante Geschwindigkeit beibehielt und die berechneten Glasabstände mit zunehmendem Abstand zur stromzuführenden Schiene vergrößert werden mussten. Im Rahmen des Experimentalprojekts haben die Schülerinnen und Schüler viele bisher unbekannte naturwissenschaftliche Herausforderungen gelöst: Kreativität, Ideenreichtum und Ausdauer waren gefragt.


    Der Einsatz von KI-Werkzeugen war für das Projekt von Anfang an zur ko-kreativen Nutzung erlaubt. Aufgrund des experimentellen Charakters der Aufgabenstellung und den physikalischen Herausforderungen erschien den Schülerinnen und Schüler der Nutzen von KI zunächst gering. Erst bei der Erstellung des abschließenden Projektberichts in Form eines Erklärvideos wurde ChatGPT zur Ideenfindung für ein motivierendes Video-Intro, zur Verbesserung des Moderationstextes und zur Erstellung von Hintergrundbildern eingesetzt. 


    Der Projektbericht mit den Ergebnissen der Schülerinnen und Schüler ist unter folgendem Link abrufbar: https://bit.ly/3BAsOuK

  • Neue Prüfungskultur: Bewertung Projektarbeiten

    Grundlage für eine transparente und nachvollziehbare Benotung der Projektarbeiten ist ein Erwartungshorizont. Dieser Erwartungshorizont dient den Schülerinnen als Orientierungshilfe während der selbstständigen Erarbeitungsphase. Er enthält klare und objektive Bewertungskriterien, die den Schülerinnen helfen, die Anforderungen und Erwartungen an ihre Arbeit besser zu verstehen und zu erfüllen.


    Der Erwartungshorizont wurde so gestaltet, dass er nicht nur die inhaltlichen Aspekte der Projektarbeit abdeckt, sondern auch andere wichtige Kriterien wie Kreativität, Teamarbeit, Problemlösungskompetenz und den Einsatz digitaler Werkzeuge berücksichtigt. Diese umfassende Herangehensweise ermöglichte es, die vielfältigen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu bewerten, die im Rahmen des Projekts gefordert waren.


    Zusätzlich zur kriteriengeleiteten Bewertung des Lernprodukts durch den Lehrer bei der Projektarbeit sollte auch ein besonderer Fokus auf die Entwicklung der Bewertungskompetenz der Schülerinnen und Schüler gelegt werden. Dies kann durch den Einsatz von Selbstbewertungsverfahren und Peer-Feedback erreicht werden.


    Selbstbewertungsverfahren ermöglichten es den Lernenden, ihre eigene Arbeit kritisch zu reflektieren und ihre Stärken und Schwächen zu erkennen. Diese Selbstreflexion förderte ein tieferes Verständnis des eigenen Lernprozesses und half den Schülerinnen und Schüler, sich realistische Ziele für ihre weitere Entwicklung zu setzen. 


    Das Peer-Feedback, bei dem die Lernenden die Arbeiten ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler bewerteten, trug ebenfalls zur Entwicklung ihrer Beurteilungskompetenz bei. Durch diesen Prozess lernen sie, konstruktives Feedback zu geben und zu erhalten, was ihre Kommunikationsfähigkeiten und ihr kritisches Denken stärkt. Darüber hinaus fördert das Peer-Feedback ein kooperatives Lernumfeld, in dem die Schüler*innen voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen.


    Nach dem Peer-Feedback durfte das Lernprodukt durch die jeweiligen Gruppen überarbeitet und für die finale Lehrernote abgegeben werden. Die Lehrerbewertung erfolgte dabei unabhängig von der Selbsteinschätzung und dem Peer-Feedback.


    Die finale Lehrerbewertung wurde durch die Methode des „Audio-Feedbacks“ begründet. Mit Hilfe eines aufgezeichneten verbalen Feedbacks ist es der Lehrkraft möglich, die Bewertung intensiver zu begründen und dabei auch mögliche Diskrepanzen zwischen Lehrer-, Selbst- und Fremdeinschätzung zu thematisieren. 


KI-Tools zur
Individuali-sierung

  • Lehrer-ChatBots & Live-Feedback-Systeme

    Das größte Potenzial für die digitale Lehre liegt in naher Zukunft im Einsatz von KI-basierten ChatBots. Erste Anbieter aus Deutschland wie TutorSpace mit seinem ChatBot ALENA oder fobizz mit seinem KI-Tool-Assistenz bieten bereits innovative Lösungen an, die den Zugang zu virtuellen Lehrkräften ermöglichen. Diese Systeme bieten datenschutzkonforme Schnittstellen zu ChatGPT 4.o und kombinieren diese mit leistungsfähigen Plugins wie dem Mathematikprogramm Wolfram Alpha.


    Selbst handgeschriebene Aufsätze oder Rechnungen können von den Lernenden als Bild in die ChatBots eingefügt werden - das KI-System diagnostiziert sofort den Fehler in der Herleitung und leitet detailliert die richtige Lösung der Aufgabe her. 


    Ein weiterer vielversprechender Ansatz zur Individualisierung des Unterrichts sind textbasierte Live-Feedback-KI-Systeme, die individuelles Feedback zu Aufsätzen von Schülerinnen in Deutsch und Fremdsprachen geben. Beispiele hierfür sind die Plattform FelloFish (früher fiete) oder das Tool „Feedback für Schüler*innen“ von fobizz.  Das digitale Feedback orientiert sich an Kriterien, die die jeweilige Lehrkraft im Vorfeld festgelegt hat. Diese Systeme ermöglichen ein maßgeschneidertes Feedback, das auf die spezifischen Bedürfnisse und Lernziele der Schülerinnen eingeht. Die Lernenden können sich das Feedback vorlesen lassen und gezielt nachfragen stellen. Zu den Vorteilen der Systeme gehört die schnelle und unvoreingenommene Rückmeldung. Nachteile sind die teilweise noch oberflächliche Rückmeldung, die Volatilität und mögliche Fehler im Antworttext.


    Auch wenn ChatBots und Live-Feedback-Systeme das didaktische Fachwissen, die Kreativität und das Einfühlungsvermögen einer menschlichen Lehrkraft nicht ersetzen können, bieten sie doch wertvolle Unterstützungsmöglichkeiten. Sie können in allen Klassenstufen als individuelle Lernhilfen eingesetzt werden, insbesondere bei der Bearbeitung von Hausaufgaben, bei der Nachhilfe oder bei der Vorbereitung auf Prüfungen. 

  • Datenschutz beim aktiven Einsatz von KI-Tools

    Beim Einsatz von KI-Tools in der Schule ist der Schutz personenbezogener Daten von Schülerinnen und Schülern von größter Bedeutung. Die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der KI-Act der EU, müssen eingehalten werden.


    Für einen DSGVO-konformen Einsatz können Schulen über eine Schullizenz auf kommerzielle Anbieter wie fobizz, SchulKI und EduBot zurückgreifen. Einzelne Bundesländer wie Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern haben für solche Tools bereits Landeslizenzen für alle Lehrkräfte abgeschlossen. Einzelne Kommunen wie die Stadt Freiburg haben eine KI-Tool Schulträgerlizenz über fobizz angeschafft und damit die Lehrkräfte aller städtischen Gymnasien ausgestattet. 


    Über die datenschutzkonformen KI-Systeme der genannten Anbieter haben alle Lehrkräfte der Schule vollen Zugriff auf die leistungsfähige Version von ChatGPT 4.0 und können diese auch zur Unterrichtsvorbereitung nutzen. 


    Für den aktiven Einsatz im Unterricht eröffnet die Lehrkraft im jeweiligen System einen virtuellen Klassenraum, formuliert darin einen Arbeitsauftrag und schaltet die dafür benötigten KI-Werkzeuge für die Lernenden frei. Die Schülerinnen und Schüler greifen ohne Benutzerkonto pseudonym über einen QR-Code auf ChatGPT 4.o zu und können die KI-Tools für einen von der Lehrkraft festgelegten Zeitraum (z.B. 1 Woche) auch zu Hause nutzen. Dabei werden keine persönlichen Daten der Lernenden erfasst oder an die KI übermittelt. Die übermittelten Inhalte werden auch nicht zur Verbesserung des jeweiligen KI-Systems verwendet.


    Um den Anforderungen des EU AI Acts gerecht zu werden, sind die Schulen unter anderem verpflichtet, die Nutzung der eingesetzten KI-Tools gegenüber Schülern und Eltern transparent zu machen. Dies kann z.B. durch einen Artikel auf der Schulhomepage geschehen. Beispiel: https://bit.ly/KI-Schule


    Darüber hinaus sieht der EU AI Act für den Einsatz der Systeme schulinterne Fortbildungen vor, damit die Lehrkräfte vor dem Einsatz im Unterricht über grundlegende KI-Kenntnisse zu Funktionsweise, Risiken und rechtlichen Rahmenbedingungen verfügen. 

  • Fazit: KI-Tools im Unterricht

    Bereits heute gibt es zahlreiche Möglichkeiten, KI-Werkzeuge sowohl in den Unterricht als auch in Prüfungen zu integrieren. Dabei ist es wichtig nicht nur die Chancen, sondern vor allem auch die Risiken im Umgang mit KI-Technologien zu thematisieren. Dazu gehören Fragen des Datenschutzes, die Gefahr der Abhängigkeit von der Technologie, Aspekte der Nachhaltigkeit, mögliche Verzerrungen in den Algorithmen und die Notwendigkeit, kritisches Denken und ethisches Bewusstsein zu fördern. Diese Aspekte sollten integraler Bestandteil der Diskussionen im Unterricht sein, um die Schülerinnen und Schüler auf einen verantwortungsvollen Umgang mit KI vorzubereiten.


    Langfristiges Ziel sollte es sein, dass der kompetenzorientierte Einsatz von digitalen Medien und KI-Werkzeugen von Lehrkräften nicht als Herausforderung, sondern als selbstverständlicher Teil der Lern- und Prüfungskultur im Unterricht gesehen wird. Um dies zu erreichen, ist es von entscheidender Bedeutung, Lehrerinnen und Lehrer umfassend fortzubilden und ihnen die notwendigen zeitlichen Ressourcen sowie datenschutzkonforme Zugänge zur Verfügung zu stellen. Sie sollten in die Lage versetzt werden, die Vorteile von künstlicher Intelligenz zu erkennen und diese kreativ und effektiv in ihre Unterrichtspraxis zu integrieren.