Dr. Patrick Bronner
Die Basis des digitalen Unterrichts am
Friedrich-Gymnasium Freiburg ist ein Medienkonzept, das orts- und zeitunabhängiges Lernen datenschutzkonform ermöglicht. Dabei wird auf eine minimalistische festinstallierte Medientechnik in den Klassenzimmern, eine hochwertige flexible Ausstattung aller Lehrer*innen und Schüler*innen (ab Klasse 8) mit Tablets, einen Schulserver mit Open-Source Cloud, Mail und Chat sowie ein Support-Konzept gesetzt.
Problem
Ein großer Fehler im Medienkonzept wäre in teure und unflexible interaktive Tafeln zu investieren. Die lehrerzentrierten interaktiven Whiteboards sind für das vernetzte orts- und zeitunabhängige Lernen völlig ungeeignet. LehrerInnen und SchülerInnen benötigen personalisierbare Tablets, mit denen digitales Arbeiten sowohl in der Schule als auch zu Hause möglich ist. Vor allem im Fernunterricht (Corona-Zeit) profitieren Lehrende und Lernende von einheitlichen und zentral verwalteten schulischen Endgeräten.
Lösung
Statt der Installation von teuren Medientischen in jedem Klassenzimmer erhält jede/r LehrerIn für den Einsatz im Unterricht und die Unterrichtsvorbereitung zu Hause ein eigenes Tablet mit Stift und Tastatur. Das Lehrer-Tablet lässt sich im Unterricht aller Schularten und Fächer sehr vielseitig einsetzen:
Praxiserprobter Vorschlag
Am Friedrich-Gymnasium Freiburg unterrichten alle Lehrerinnen und Lehrer bereits seit dem Jahr 2017 mit einem eigenen Tabelt. Die einfache Administration und App-Verwaltung der 72 Lehrer-Geräte erfolgt zentral über die Mobilgeräteverwaltung des Kreismedienzentrums Freiburg. Das Konzept der Lehrer-Tablets wurde in Zusammenarbeit mit dem Amt für Schule und Bildung der Stadt Freiburg entwickelt und positiv evaluiert.
Durch den Einsatz von Lernplattformen, Live-Feedback-Apps, Sensoren und Erklärvideos in Verknüpfung mit zeitgemäßen methodischen Ansätzen kann der Unterricht emotional anregender, effizienter und wirkungsvoller gestaltet werden. Die sinnvolle Integration von digitalen Medien z. B. in den MINT-Unterricht führt bei Schülerinnen und Schülern zu einer höheren Motivation und zu besseren Schulleistungen [1].
Für den spontanen Einsatz von mobilen Endgeräten im Unterricht benötigt jeder Schüler z. B. ab der 8. Klassenstufe ein eigenes mobiles Endgerät (1:1 Ausstattung). Der Einsatz von temporären Tablet-Koffern mit 30 mobilen Endgeräten ist möglich - hat sich aber in der Schulpraxis nicht bewährt.
1:1 Tablet Ausstattung statt BYOD
Der Vorteil von schuleigenen 1:1 Tablets im Vergleich zum BYOD-Smartphone ist der größere Bildschirm, mit dem längere Recherchen, genauere Analysen und komplexere Aufgabenstellungen möglich sind. Zudem enthalten schulische Tablets keine Mobilfunkverbindung, was eine größere Kontrolle der Schülerarbeit durch den Lehrer und ermöglicht. Kostenpflichtige Apps können von der Schule zentral eingekauft und über eine Mobilgeräteverwaltung (MDM) gleichzeitig auf alle Tablets installiert werden. Die Schule kann beliebige Restriktionen auf die Schüler-Tablets aufspielen (z. B. kein Zugriff auf den App-Store) und diese Restriktionen für jede Klasse individuell anpassen. Über die App „Classroom“ können die Lehrenden auf ihrem Lehrer-Tablet alle Tablet-Bildschirme der Schülerinnen und Schüler im Klassenzimmer beaobachten, die Aufmerksamkeit der Schüler auf eine App festlegen und Dokumente mit einem Klick an alle Schüler verteilen bzw. einsammeln.
Bei der Ausgabe der 1:1 Schüler-Tablets hat sich am Friedrich-Gymnasium Freiburg das folgende Dokument zur Einführung der Endgeräte für Lehrer*innen, Eltern und Schüler*innen etabliert. PDF
Die Betreuung aller schulisch eingesetzten Endgeräte (Compuer & Tablets) sollte zentral durch ein Tablet-Service-Zentrum des Schulträgers übernommen werden:
Die Maßnahme könnte zu einer deutlichen Arbeitsentlastung für die IT-Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen führen.
Praxiserprobter Vorschlag
Bereits seit dem Jahr 2018 bietet das Kreismedienzentrum Freiburg (KMZ) für die Freiburger Schulen eine kompetente Tablet-Beratung mit einer eigenen Mobilgeräteverwaltung für Computer und Tablets an.
Immer mehr Schulen setzen auf eine 1:1 Tablet-Ausstattung von Schülerinnen und Schülern z. B. ab der 8. Klassenstufe.
Problematisch an einer solch umfänglichen digitalen Ausstattung ist der hohe Anschaffungspreis pro Tablet (ca. 600€ mit Zubehör und Software). Mit einem Eltern-Tablet-Leasing-Modell könnten sehr schnell und dauerhaft die Klassenstufen 8-12 mit Endgeräten ausgestattet werden. Dem steht allerdings die berechtigte Forderung nach Chancen- und Bildungsgerechtigkeit entgegen.
Digitale Bildung, insbesondere an einer öffentlichen Schule, darf nicht von der finanziellen Situation der Eltern abhängig sein. Der Bildungserfolg muss von der sozialen Lage entkoppelt sein.
Wünschenswert und sozialverträglich wäre es deshalb, wenn der Schulträger die Finanzierung der Schüler-Tablets zu 100% übernehmen würde.
Für den Einsatz von bis zu 33 Tablets in jedem Klassenzimmer sollte in jedem Raum ein einzelnes WLAN-Gerät installiert sein (lokaler Einsatz). Die Strahlenbelastung muss dabei so gering wie möglich ausfallen, weshalb die folgenden Maßnahmen zum WLAN-Standard der Schule gehören sollten:
1) Leerlaufverbot: WLAN-Gerät darf nur bei Bedarf eingeschaltet werden
Jedes WLAN-Gerät kann über einen Netzschalter, der sich direkt neben der Tafel befindet, an- und ausgeschaltet werden. Das WLAN-Gerät im Klassenzimmer darf nur dann aktiv sein, wenn es für den Unterrichtseinsatz erforderlich ist (temporärer Einsatz).
2) Minimierungsgebot: WLAN-Gerät arbeitet stark leistungsreduziert
Die Sendeleistung jedes WLAN-Access-Points ist so weit reduziert, dass die Strahlung des 5 GHz-Frequenzbands nur im Klassenzimmer vorhanden ist. Bei einem aktiven WLAN-Signal reicht die Strahlung somit nicht in das nächste Klassenzimmer (leistungsreduzierter Einsatz).
Praxiserprobtes WLAN-Konzept
Die WLAN-Maßnahmen wurden in Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Schule und Bildung und dem Friedrich-Gymnasium Freiburg im Jahr 2016 entwickelt. An der Schule wird ein skalierbares WLAN-System (z. B. Firma Ubiquiti Networks) mit 45 Access-Points (z. B. Modell Unifi AP Pro) verwendet.
Damit die Schülerinnen und Schüler vielfache Kompetenzen zum verantwortungsvollen Umgang mit den neuen Medien erwerben, sollten medienpädagogische Maßnahmen in jeder Klassenstufe zum Standard gehören. Lehrerinnen und Lehrer können diese Aufgabe in ihren Unterricht mit einfließen lassen, benötigen aber dauerhafte und professionelle Unterstützung. Die könnte z. B. durch eine Aufgabenerweiterung der Schulsozialarbeit realisiert werden. Wünschenswert wäre:
Praxiserprobter Vorschlag
Am Friedrich-Gymnasium Freiburg wurden in enger Zusammenarbeit mit der Schulsozialarbeiterin zahlreiche medienpädagogische Maßnahmen erarbeitet:
Aus Gründen des Datenschutzes dürfen im schulischen Kontext Plattformen wie WhatsApp oder Dropbox nicht genutzt werden. Zum sicheren Umgang mit personenbezogenen Daten muss ein schulinternes Kommunikationsportal (z. B. Kopano) und eine eigene Schul-Cloud ( z. B. Nextcloud) auf dem internen Schulserver eingerichtet werden. Alle Schüler, Lehrer und Eltern der Schulen besitzen eine eigene Schul-Mail-Adresse und können datenschutzkonform kommunizieren.
Da Lernplattformen zur Individualisierung und Binnendifferenzierung personenbezogene Daten verarbeiten und speichern, dürfen diese im Unterricht nur pseudonym eingesetzt werden. Im Landesdatenschutzgesetz von Baden-Württemberg gelten Pseudonyme jedoch als personenbezogene Daten. Jede Schule muss daher mit dem Anbieter der jeweiligen Lernplattform einen individuellen Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung abschließen. Wünschenswert wäre es, wenn der Schulträger im Rahmen des Basiskonzepts für bestimmte Lernplattformen zentrale Verträge für eine große Schülerzahl (Mengenrabatt) mit dem entsprechenden Datenschutzvertrag abschließt.
Praxiserprobter Vorschlag
Am Friedrich-Gymnasium Freiburg ist über den Schulserver ein internes Cloud-, Chat- und Mailsystem verfügbar. Im Unterricht werden nur Lernplattformen von Firmen aus Deutschland eingesetzt. Mit allen Anbietern existieren Verträge zur Auftragsdatenverarbeitung. Die Benutzerverwaltung erfolgt komplett pseudonym. Die Schülerlisten zur Pseudonymisierung liegen dabei nur handschriftlich vor.
Das Ziel des Medienkonzepts ist weder die Abschaffung der Kreidetafel noch die papierlose Schule. Zeitgemäßer Unterricht sollte immer ein ausgewogenes Zusammenspiel von digital und analog sein.
Auch im digitalen Zeitalter darf die Bildung nicht für die Zwecke der Arbeits- und Berufswelt instrumentalisiert werden. Das Bildungsziel muss die umfassende Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler zu weltoffenen, verantwortungsvollen, autonomen und wertorientierten jungen Menschen bleiben.
Lernen im Klassenzimmer kann nur dann gut funktionieren, wenn ein respektvolles Lehrer-Schüler-Verhältnis vorhanden ist – digitale Medien sind dabei nur als Hilfsmittel innerhalb des Lernprozesses zu sehen.
Es zeigt sich ganz deutlich, dass es auch im digitalen Zeitalter auf den kompetenten, begeisterten, emphatischen und motivierten Lehrer ankommt.
"Tablet oder Kreidetafel? Die Mischung macht´s!"
Zu meiner Person ...